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Channel: Christiane F. – Mein zweites Leben » Facebook
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Mein Auftritt am Set von Michael Jacksons “Thriller”

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CF & G 12

Gerd und ich; Foto: Fritz Brinckmann

Meine Facebook-Gruppe (knapp 30.000 Fans, Stand 04.12.2013) ist nicht nur deshalb so geil, weil wir der BILD (über eine Millionen Fans) hier ernsthaft Konkurrenz machen können, was die Anzahl von Likes und Kommentaren angeht (beide Seiten haben etwa gleich viel Respond) , sondern unter anderem auch, weil sich alte Weggefährten aus Deutschland, aus den USA, aus Griechenland melden und wir wieder in Kontakt kommen.

So auch Gerd.

Gerd und ich, wir waren Freunde, Bandkollegen und Liebhaber. Viele Jahre, von 1981 bis 1993, war er mein Begleiter durch Ups and Downs, Musiksessions und Drogenturns. Wir haben sehr viel miteinander erlebt und uns sehr geliebt. Die Freundschaft brach auseinander, als Gerd eines Tages von meinem Weg abweichen und sein Leben retten musste. 1000 Mark gingen am Tag locker für alle möglichen Drogen drauf, nach dem Freitod seiner Frau verlor er komplett die Orientierung und wurde irgendwann zwangseingewiesen. Ein gutaussehender, talentierter, kluger Mann, der es dann viel früher schaffte als ich aus diesem Teufelskreis auzubrechen. Inzwischen lebt er seit vielen Jahren ein beinahe anständiges Leben mit Familie und all dem drum und dran.

Wir hatten uns verloren – und nun auf Facebook wieder gefunden. Gerd sprudelte, er könne Bücher über unsere gemeinsamen Erlebnisse schreiben, meint er. Beginnen wir mal mit einem ersten Auszug, ein zweiter Teil wird folgen :-)
Kleiner Tipp noch für’s Lesen: Es geht nicht ums Namedropping! Sondern genau darum, dass das uns fatalerweise am A. vorbei ging, mit wem wir zusammen waren. Wir haben genaugenommen aus keiner der Situationen etwas wirklich Nachhaltiges gemacht. Mehr liest sich zwischen den Zeilen ;)

“1983. Promotiontour mit Christiana Final Church. Das war unsere Band, die von Christiane, Alex Hacke (nannte sich damals noch Alexander von Borsig), von “Mufti” alias F.M. Einheit, und von mir, Gerd Rudschuck.

Aus irgendeinem Grund war Mufti nicht dabei, ich erinnere mich nicht mehr so genau, aber wir waren auch schon ziemlich gedopt, als wir in unseren Flieger stiegen. Alex kiffte, Christiane und ich gönnten uns dazu auch schon mal ‘ne Nase Kokain oder Benzedrin (auch Speed genannt). Wir kicherten rum und waren ausgelassen. Wir prangerten auf der Titelseite des Berliner Stadtmagazins “TIP”,  welches beim Einsteigen in den Flieger an die Passagiere verteilt wurde.

Christianes Film Wir Kinder vom Bahnhof Zoo war anderthalb Jahre zuvor weltweit ein Kinokassenschlager geworden, Alex war auch als Gitarrist der Einstürzenden Neubauten sehr erfolgreich und ich hatte mir als Bassist und Gitarrist den Ruf erarbeitet, viel Krach zu machen (Ma Gita), aber auch scharfe Funk & Soul –Klänge (Pago Pago & Linda Fields) zu produzieren. Der US-Drummer Mark N., der unter anderem in den Bands Elf, Velvet Underground, Jack Bruce und Ian Gillan Band gespielt hatte und nach Hamburg übergesiedelt war, engagierte mich für viele Studioarbeiten, bei denen ich mit den ganz großen Rockern der damaligen Zeit arbeiten durfte.

Es gab einen Hype um unser Dreiergespann.


Wir fühlten uns stark.

Das Flugpersonal begrüßte uns freudestrahlend. Besser konnte es ja nicht losgehen, dachte ich mir & ging erstmal auf’s Klo, um noch eine Line Koks zu ziehen! Es ging über die Nordroute Grönland-Kanada-Vancouver. Von dort reisten wir in die USA ein. Das heißt, es war gar nicht so einfach, wir hatten total vergessen, dass Alex ja noch gar nicht volljährig war. 17 erst! Christiane und er waren schon zwei Jahre ein Paar, aber er hatte immer noch einen Kinderpass! Und er trug immer einen riesigen Ghetto Blaster auf der Schulter.

Die Zöllner waren ziemlich misstrauisch geworden, als sie uns gesehen hatten. Wohl auch, weil wir ziemlich wild aussahen und uns cool gaben. Sie nahmen sich uns vor, eigentlich hätten wir eine Bevollmächtigung seiner Eltern gebraucht. Wir erklärten, was wir in den USA zu suchen hatten, dass wir für unsere neue Platte werben wollten und Interviews mit großen Radiomoderatoren wie Rodney Bingeheimer bevorstünden. Offenbar bekamen wir eine Promi-Bonus. Wir durften weiter – mit Alex. Christiane versteckte zu dieser Zeit ihr Dope immer in ihrem dicken Haardutt.

Erste Station sollte New York sein, doch wir kamen in ganz schön heftige Turbulenzen und kreisten stundenlang über der Stadt, bis wir endlich eine Landeerlaubnis bekamen. Letztendlich wurden wir dann aber doch noch umgeleitet und landeten völlig unvorbereitet in Miami! Total übermüdet und breit wie tausend Russen stolperten wir durch den Flughafen von Miami um unser Gepäck zu finden. Als wir es endlich zusammen hatten, waren wir den vor Ort zuständigen Zoll & Drogenfahndern längst aufgefallen. Wieder wurden wir in ein Vernehmungszimmer geführt. Wieder wurden wir gefilzt und ausgefragt. Die Drogen hatten wir längst (wir waren ja auch schon mehr als 20 Stunden unterwegs) aufgebraucht – zum Glück. Denn dieses Mal nahm man die Kontrolle ernster, sie schraubten sogar den Ghetto Blaster auseinander. Nichts, puh, das war knapp.
Oder: In god we trust, wie die Amerikaner sagen. Schließlich bekamen wir wieder einen Rockstar-Celebrity-Bonus und durften alle drei weiterreisen.

Da wir unsere Termine in New York nun absagen mussten, flogen wir am nächsten Tag gleich wieder weiter nach Los Angelas und stiegen im luxuriösen Le Parc Hotel ab, das mir Mark N. empfohlen hatte. Jetzt erstmal alle möglichen Freunde anrufen & informieren, dass wir “in Town” sind!


Die Liste der Leute, die wir durch unsere Musik inzwischen kannten, las sich wie das “who is who” im Rock ‘n’ Roll Business. Von Captain Beefheart über Ian Gillan, dem Ex-Sänger vom Deep Purple, bis Fredrik Nielson, Besitzer des Labels Solid Eye Records.

Zuerst aber machten wir uns auf zu unserem Kumpel Rodney Bingenheimer, dem “Papst” vom Sunset Boulevard! Die Legende schlecht hin im Musicbusiness von L.A. Er hatte mittlerweile einen eigenen Radio Sender K-ROQ in Pasadena, einem Stadtteil von Los Angeles. Rodney vermittelte uns an Freunde in Pasadena, die zur Free Live Music Society gehörten, einer Organisation der Underground-Szene, die Musiker beruflich wie privat zusammenbrachte. Dieses Netzwerk hatte auch ein riesiges Haus, in dem unter anderem Leute wie Kevin L., Artist und Reportoire Manager bei Warner Bros., und eben Frederik Nielson wohnten. Wir zogen in das Hinterhaus, das ein berühmter Künstler gerade leer stehen lies, weil er in New York zu tun hatte.

Wir hingen ab mit den Bandmitgliedern von Captain Beefhearts Band und DEVO, einer New Wave Band der USA, wir trafen im Wohnzimmer der Rock’n’Roll-Stars, dem Rainbow am Sunset Boulevard, auf die ganz Großen und feierten auf Einladung der Band Toto auf der Grammy Party. Wir kiffen und koksten und wurden in der US-Künstlerszene als die neueste Attraktion „from good old Germany“ rumgereicht. Ja, sogar beim Dreh von Michael Jackons Video zu Thriller, das 14 lang werden und Musikgeschichte schreiben sollte, wurden wir gefeiert. Es war kein ganz normales Zuschauen, es war ein regelrechter Auftritt unsererseits. Man behandelte uns wie Weltstars.

Ach ja, und zwischendurch machten wir auch ein bisschen Promo. Ein paar Radiosachen in San Francisco, San Diego und Las Vegas. Es war eine verdammt aufregende Zeit.

Geblieben ist nicht viel von all dem außer ein paar guter alter Kontakte und der Erinnerung. Ich bin froh darum! Viele Rockstars und andere Weggefährten von damals sind inzwischen tot. Ich bin seit zwanzig Jahren komplett clean, mache immer noch Musik, arbeite aber auch musiktherapeutisch in einer Drogenhilfeeinrichtung.

Und die wirklich großen Stars meines Lebens sind inzwischen meine beiden Söhne!!!!

Der Hamburger Fotograf Fritz Brinckmann ist ebenfalls ein alter Bekannter von mir. Er gründete die Agentur Faceland und stellte uns die Bilder oben zur Verfügung, die er in den 1980ern von uns machte. Danke, Fritz!

Für diesen Blog  schreibt Christiane Felscherinow mit Hilfe der Journalistin Sonja Vukovic. Die Homepage zu ihrem Buch “Christiane F. – Mein zweites Leben” finden Sie hier: www.christiane-f.com


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